Platten Zappa

16 | Once upon a time in Lo-Fi-Land

Westdeutsche Provinz, Mitte der siebziger, Wochentag, nachmittags, 14:10: „Hey and now for you girls and boys and for you GI´s too: something wonderfull, wonderfull, really wonderfull: Five Pieces for Orchestra by Anton Webern.“ Mit diesem Satz hat alles angefangen, Wörter, die ich damals kaum verstanden habe, Musik, die neu war, verstörend, ungewohnt. Und das Nachmittags, kurz nach zwei: wie immer, Essen gab es um eins, wenn der Vater aus dem Geschäft hochkam, aß und sich dann auf das Sofa legte…

Das Klappen der Wohnzimmertür gab für mich den Startschuß: in mein Zimmer, Tasche auf den Schreibtisch und Radio an: es war Zeit für Musik nach der Schule auf NDR2, eine der wenigen Radiosendungen, die tagsüber etwas anderes spielten als deutschsprachige Volksmusik. Gottseidank waren die GI´s noch im Land und so konnte man bis zum Sonnenuntergang auf BBC ausweichen. Erst die Nacht brachte die Erlösung mit den  persönlichen Radioshows der Moderatoren und alle den bisher ungehörten Sounds und Songs, die direkt durch den Kopf in den Körper zu strömen schienen.

Aber zurück zum Nachmittag: Was für eine Stimme war das, die die beiden 10-Watt Lautsprecher der vom Taschengeld mühsam ersparten Lo-Fi-Anlage an die Grenzen ihrer mechanischen Belastbarkeit brachte? Der tiefe Bass gab jedem einzelnen Wort des Studiogastes an diesem Nachmittag eine Bedeutung, die noch lange im Kopf nachhallte. Daneben klangen die Moderatoren mit ihrem th-losen Oxford-englisch wie zehntklässler, die fleissig Vokabeln gepaukt hatten…

Und was für Musik war das, die hier die deutsche Mittagspause untermalen durfte? Anton Webern, Igor Stravinsky, Howlin´ Wolf – eine Mischung von völlig unerwarteten und bis dahin nie gehörten Klängen. Gottseidank hatte das Taschengeld damals auch noch für einen kleinen Cassettenrekorder gereicht, und gottseidank war eine leere Cassette greifbar und – ja, ich habe den Record-Knopf gedrückt: Meine erste Begegnung mit der Musik von Frank Zappa, heute vor 39 Jahren. Fuck.

Hier die Fakten:
1974 09 16 – NDR, Hamburg, Germany, „Musik für junge Leute“
38 min
Octandre – Edgar Varese
Strophe/Antistrophe from Chronochromie – Olivier Messiaen
I’m Your Hoochie Coochie Man – Muddy Waters
Royal March from L’Histoire du Soldat – Igor Stravinsky
5 pieces for orchestra – Anton Webern
In addition to these, FZ also plays one songs of Roxy And Elsewhere: Village of the Sun.

Quelle sind die Zappateers


Kommentare

Eine Antwort zu „16 | Once upon a time in Lo-Fi-Land“

  1. […] dem Dada. Denn die Verwertbarkeit seiner euphorisch komplexen, aber immer an dem Randgruppen-Helden Frank Zappa entlang tastenden Veröffentlichungen können nicht ernsthaft auf ihre ökonomische Verwertbarkeit […]

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