Letzte Woche erreichte mich ein Schreiben, dessen Sinn und Form mich verdammt an Dada erinnert. In einem Brief des Amtsgerichtes stellte die Justizangestellte N. sieben Jahre nach Abschluß meines unsäglichen Scheidungsverfahrens fest, das das Urteil „an einer offensichtlichen Unrichtigkeit leidet.“
Während ich bestätigen kann, das man sowohl in einer Ehe als auch an einem Urteil leiden kann, war mir bisher nicht bekannt, das auch Urteile selbst leiden können. Ich nehme nun an, dass das Leid der Urteile groß ist, sei es nun wegen Unrichtigkeiten oder Ungerechtigkeiten, oder wegen der Unfähigkeit der Justizbeamten.
Das Amtsgericht strebt jetzt eine Korrektur des sieben Jahre alten Urteils an. Faktisch geht es darum, das Datum der Eheschliessung um einen Monat zu korrigieren. In der Folge werden dann die Berechnungen der deutschen Rentenversicherung neu angefordert, jeweils sechs Seiten ausführlichste Informationen zur Grundbewertung, den Entgeltpunkten und dem in der Ehezeit erreichten Wert. Ein Text, der auch nach konzentriertem Studium der verwendeten Abkürzungen DÜVO, DEÜV, SVN, Vorl. oder Sozl. unlesbar bleibt. Fest steht nur, das Urteil leidet an einer Fehlberechnung der Entgeltpunkte um einen Monat. Das mach maximal einen Bereich von 0,0422 Punkten und entspricht ungefähr 0,38 Cent, geteilt 0,19 Cent, gegeneinander aufgerechnet ca. 0,06 Cent.
Damit wären also dem Ex-Eheteil, das von der Ausgleichszahlung profitiert, bei einer angenommenen Rentenzahlung von 67 bis 80 Jahren insgesamt tatsächlich 9,40 Euro entgangen! Hätte das Urteil also in diesem Fall etwas weitergedacht und sich das Ganze mal durchgerechnet, dann wäre sein Leiden vielleicht gar nicht so groß gewesen.
Aber selbst wenn das Urteil gelitten hätte, spätestens der Justizbeamte hätte ja in Anbetracht der Folgekosten bei diversen Behörden, die sicher 9,40 bei schon beim Porto weit übersteigen werden, über ein fehlerhaftes, aber bereits seit sieben Jahre völlig unbemerkt Bestand habendes Datum hinwegsehen können.
Das aber kann der deutsche Beamte nicht. Er kann kein Urteil leiden sehen.
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