WZ | Die Moral des Rechtsanwalts

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Eine Farce allererster Güte hat sich in den letzten 12 Tagen in Berlin abgespielt: Rechtsanwalt Braun sollte Justiz- und Verbraucherschutzminister werden. Die alte Garde aus dem Westberliner CDU-Sumpf feierte damit eine kurze Auferstehung – und gleich wieder einen kleinen, weich gepolsterten Untergang: für die 12 Tage Dienst gibt es nun sechs Monate volle Bezüge…

Ich bin ja Rechtsanwälten an sich schon eher ablehnend gegenüber eingestellt: Geschichten hören, Texte lesen, Zahlen merken und das ganze dann zu seitenlangen, in möglichst schön verquarzter und gestelzter Sprache ausgebrüteten Ermahnungsaufsätzen zu elaborieren das erfordert weder irgendein Talent noch Wissen oder gar Freude am Erkenntnisgewinn.
Daran hat ja gerade der Rechtsanwalt nun überhaupt kein Interesse, die Sache voran oder gar auf den Punkt zu bringen. Ihm geht es einzig und allein um die Textexegese, ganz nach dem Motto: „Da wird mein geschätzter Kollege aber die Ohren anlegen, wenn er merkt was für ein phantasievolles und textsicheres Kerlchen ich bin…“ Und wenn er durchfällt mit dem Aufsatz, dann ist es auch egal: das Honorar ist sicher, im Gericht ist es geheizt und morgen darf man im nächsten Fall zum nächsten Bockmist des nächsten Kollegen Stellung nehmen. Also wer´s mag, solls werden, aber ein richtiger Beruf ist das für mich nicht…

Einen ähnlichen Brast auf diese eitlen Selbstdarsteller hatte offensichtlich auch Arno Schmidt, dessen Einschätzung ich voll und ganz teile:
Ein Rechtsanwaltsbüro daneben ? Auch das noch ! – Daß dies feile Pack : für Geld sogleich komödiantisch wortreich; gegen Bezahlung voller Gebärden des Rechts; aus Berufsinteresse Schürer und Anstifter aller Händel.

Herr Braun hat mich – oder darf ich posthum gar sagen uns? – nun aufs herrlichste bestätigt, und zwar mit dem makellosen Merksatz: „Wenn wir bei Rechtsfragen die Moral einführen, dann landen wir bei Wildwest.“ Ausgesprochen hat er den doch tatsächich im Untersuchungs- ausschuß, in dem er zu seiner vermuteten Verstrickung in die eventuell fehlerhafte, aber natürlich keinesfalls unmoralische Abzocke unwissender Immobilienkäufer befragt wurde.

Gut, lassen wir bei Rechtsfragen die Moral weg – woher nehmen wir dann die Gesetze? Hat ER sie uns geschenkt und die Rechtsanwälte gleich dazu um uns SEINEN Willen zu erklären? So sieht das die Zunft selbst wohl am liebsten..

Oder sind es nicht doch eher aus gesellschaftlichen Moralvorstellungen geronnene Regeln und Pflichten, oder zumindest auf den gesellschaftlichen Moralvorstellungen basierende Ableitungen, die sich auch noch bei der absurdesten Zählung von Bohrlöchern in Mietwohnungen versuchen, auf einen Konsenz zu berufen, den eine Gesellschaft gar nicht anders bilden kann, als in einer für alle gültigen Vorstellung davon, was auch im Detail richtig und falsch sein sollte.

Ich denke, mit so einem Verständnis hat sich Herr Braun nicht nur seine Politikerlaufbahn verwirkt und frage mich, ob für solche Fälle nicht doch das gute alte Berufsverbot wieder aktiviert werden müsste…

Ein Prachtexemplar dieser Gattung gibt ja gerade Christoph Walz im Gott des Gemzels von Roman Polanski. Großartig! Hier ein kleiner Ausschnitt:
 


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